Die Konferenz „Hochschule und Bildung", die das Wochenmagazin ZEIT zum 9. Mal gemeinsam mit MLP umsetzte, fand Mitte November im Berliner Allianz Forum statt. Die Veranstaltung war mit mehr als 300 Teilnehmern bestens besucht. Unter dem Themenschwerpunkt „Wie politisch ist die Wissenschaft?“ diskutierten Experten aus Bildungspolitik, Wissenschaft und Wirtschaft unter anderem, wie viel Wissenschaft in einer postfaktischen Gesellschaft möglich ist – und welchen Einfluss die Politik haben sollte. Auch vertreten war der frisch gekürte "Hochschulmanager des Jahres" : Prof. Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein.
Dr. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender von MLP, betonte zum Auftakt in seinem Grußwort die Bedeutung des konstruktiven Diskurses insbesondere von Politik und Wissenschaft. Man sei aufeinander angewiesen im Sinne einer zukunftsfähigen Gesellschaft: „Politik ist in ihrem Dienst am Gemeinwohl auf wissenschaftliche Expertise angewiesen. Wissenschaft im Gegenzug benötigt politische Rahmensetzungen.“ Wichtige Zukunftsfragen wie bei der Digitalisierung, Energiewende und neuen Mobilität ließen sich nur gemeinschaftlich lösen – vor allem angesichts zunehmend komplexerer Zusammenhänge. Falsch seien die sich mit Blick auf die politische Landschaft auch in Europa immer mehr durchsetzenden Tendenzen zur Polemik. „Statt Populisten brauchen wir gute Erklärer und ambitionierte Gestalter.“ Dabei sei auch die Politik besonders gefordert.
Der Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, Prof. Dr. Helmut Schwarz, betonte die Bedeutung der Wissenschaft als Element der Völkerverständigung. Sie sei dafür prädestiniert, Menschen unterschiedlicher Milieus zusammenzubringen. Der Diskurs sei jedoch durch ein falsches akademisches Verständnis gefährdet. Wissenschaftler, so Schwarz, hätten selbst dafür gesorgt, dass ihre Glaubwürdigkeit infrage stehe. Die Wissenschaft müsse akzeptieren, dass sie nie endgültige Antworten habe. Sie könne irritieren und sogar sagen: „Wir wissen es nicht genau.“ Man dürfe keine Heilsversprechen abgeben. Prof. Dr. Armin Nassehi, Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, plädierte sogar dafür, dass „die Wissenschaft wieder wissenschaftlicher werden muss“. Dies hieße zugleich für ihre Bedeutung im gesellschaftspolitischen Diskurs: Sie sei nicht nur da, um eigene Fakten zu schaffen, sondern in erster Linie um Fakten insgesamt zu interpretieren.
Dass Politik auch einen zu großen Einfluss auf Forschung und Lehre nehmen kann und welche negative Auswirkung insbesondere staatliche Repressalien haben, schilderte Dr. Liviu Matei, Vizepräsident an der Central European University (CEU) in Budapest. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte unlängst das Hochschulgesetz ändern lassen, insbesondere als Maßnahme gegen die in seinen Augen zu liberal-international ausgerichtete CEU – in Augen vieler Beobachter ein Angriff auf die Bildungsfreiheit. Matei berichtete, wie groß die Solidarität international ist – und dies zeigte sich nicht zuletzt auf der Konferenz.
Weitere Referenten waren unter anderem Yascha Mounk (Lecturer on Government, Harvard University), Martina Brockmeier (Vorsitzende des Wissenschaftsrats), Peter-André Alt (Präsident, Freie Universität Berlin), Mai-Thi Nguyen-Kim (Chemikerin und YouTuberin; Moderatorin Terra X, Lesch & Co.), Markus Kreutzer (Dekan, EBS Business School), Liviu Matei (Provost & Pro-Rector, Central European University in Budapest), Nicole Deitelhoff (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung), Micha Teuscher (Präsident, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg), Annette Leßmöllmann (Leiterin der Abteilung Wissenschaftskommunikation und Institut für Germanistik: Literatur, Sprache, Medien, Karlsruher Institut für Technologie) und Christoph Möllers (Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Humboldt-Universität zu Berlin).
Bildquelle: Phil Dera, Die Zeit