79 Prozent der Bevölkerung (Report 2012/2013: 82 Prozent) beurteilen die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und die Qualität der Gesundheitsversorgung als gut oder sehr gut. Bei den Ärzten sind es sogar 90 Prozent (2012: 93 Prozent). Wartezeiten bleiben für viele Bürger ein Ärgernis: Eine langwierige Terminvergabe beklagen 54 Prozent (2012: 52 Prozent), einen zu langen Verbleib im Wartezimmer 66 Prozent (2012: 64 Prozent). Vor allem sind die gesetzlich Krankenversicherten (57 bzw. 69 Prozent) unzufrieden, während die privat Versicherten dies nur zu 33 bzw. 44 Prozent bemängelten.
Generelle Qualitätsverluste bei der Gesundheitsversorgung in den nächsten zehn Jahren erwarten vor allem die Ärzte mit 64 Prozent; bei der Bevölkerung sind es 38 Prozent: Jeweils rund 60 Prozent gehen davon aus, dass die Kassen nur noch eine medizinische Grundversorgung bezahlen und Patienten viele Kosten, etwa für Operationen, selbst tragen müssen. Mehr als zwei Drittel erwarten daher eine Zwei-Klassen-Medizin. Zugleich rechnen 84 Prozent der Ärzte mit Schwierigkeiten, aufgrund der Zwänge künftig alles medizinisch Notwendige verordnen zu können. Zudem erwarten rund drei Viertel der Bevölkerung steigende Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.
41 Prozent der Bürger stellen den deutschen Krankenhäusern zwar pauschal ein gutes Zeugnis aus. Im langfristigen Vergleich nimmt diese Zufriedenheit aber ab: 1995 hatten noch 50 Prozent einen guten Eindruck von den Einrichtungen. Anders bei den Ärzten: Hier zeigt sich mit 83 Prozent weiterhin eine sehr große Mehrheit von der Versorgungsqualität im Krankenhaus überzeugt. Deutliche Unterschiede gibt es bei den Bürgern in regionaler Hinsicht: Während die Bevölkerung in Niedersachsen (49 Prozent) am häufigsten einen guten Eindruck vom Krankenhaus hat, sind es im Saarland (32 Prozent) die wenigsten.
Gut bewerteten Krankenhauspatienten vor allem das Engagement der Schwestern und Pfleger (74 Prozent) sowie den Platz im Krankenzimmer (63 Prozent). Hingegen wurde beklagt, dass Ärzte sich zu wenig Zeit nehmen könnten (49 Prozent) und das Pflegepersonal überfordert sei (40 Prozent). Wichtig im Krankenhaus sind den Bürgern vor allem Behandlungen durch erfahrene Spezialisten (89 Prozent), aber auch der gute Ruf des Krankenhauses (86 Prozent) ist für sie ein entscheidendes Kriterium.
Die derzeitige wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser wird von den Klinikärzten zwar noch überwiegend positiv gesehen (58 Prozent). Immerhin mehr als jeder dritte Krankenhausarzt berichtet aber auch von Schwierigkeiten, mehr als jeder Zehnte sogar von sehr großen Problemen. Einen Personalabbau in letzter Zeit bestätigen bereits 43 Prozent der Krankenhausärzte. Mehr als jeder Zehnte berichtet von Abteilungsschließungen, weitere 13 Prozent befürchten solch gravierende Maßnahmen. Zugleich gab es mit einem Zuwachs von 60 auf 79 Prozent einen massiven Anstieg des Anteils von Krankenhausärzten, die ihre Therapiefreiheit bereits heute eingeschränkt sehen; bei den Assistenzärzten sind es sogar 85 Prozent (2012: 63 Prozent). Aus Kostengründen mussten die Krankenhausärzte nach eigenen Angaben vielfach Behandlungen verschieben (64 Prozent), mitunter ganz darauf verzichten (27 Prozent). Probleme bei der Hygiene in Krankenhäusern sehen 26 Prozent der Ärzte.
58 Prozent der Ärzte rechnen pauschal mit einer Verschlechterung der Qualität der medizinischen Versorgung in den Krankenhäusern in den nächsten zehn Jahren. In der Bevölkerung befürchten 64 Prozent einen Mangel an Pflegepersonal. 59 Prozent sind überzeugt, dass die Krankenhausärzte sich in Zukunft weniger Zeit für ihre Patienten nehmen können. Unter den Ärzten rechnen 79 Prozent damit, dass sich die Personalsituation an den Krankenhäusern weiter zuspitzen wird. 65 Prozent der Bevölkerung fürchten, dass sie auch aus diesen Gründen früher entlassen werden müssen und dass sie zeitnahe Termine für Operationen zunehmend schwer erhalten. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung glauben, dass sich die Versorgung an den Krankenhäusern nur mit einer steigenden Zahl ausländischer Ärzte aufrechterhalten lässt. 52 Prozent der Ärzte halten ihre ausländischen Kollegen für genauso kompetent oder besser.
53 Prozent in der Bevölkerung gehen davon aus, dass die Krankenkassen künftig an den Krankenhäusern nur noch die Kosten für die Grundversorgung übernehmen werden und Patienten darüber hinausgehende Leistungen selbst bezahlen müssen. Immerhin mehr als jeder Vierte hat die Sorge, dass in 10 Jahren grundsätzlich nur noch die notwendigsten Behandlungen durchgeführt werden können.
50 Prozent der Bevölkerung befürchten, dass an den Krankenhäusern über Behandlungen künftig immer weniger rein nach medizinischen Gesichtspunkten entschieden wird – sondern auch danach, ob sich einzelne therapeutische Maßnahmen für das Krankenhaus auch wirtschaftlich lohnen. 70 Prozent der Krankenhausärzte betonen die Bedeutung von Privatpatienten für den wirtschaftlichen Erfolg des eigenen Krankenhauses; knapp jeder Dritte sieht ansonsten das eigene Krankenhaus als nicht überlebensfähig an. Die Sorge, dass es in 10 Jahren in Deutschland deutlich weniger Krankenhäuser geben wird als heute, ist der Umfrage zufolge bei den Bürgern im Saarland (64 Prozent) und in Niedersachsen (60 Prozent) am größten. Bundesweit teilen diese Auffassung rund 50 Prozent.
In der Bevölkerung sind 62 Prozent der Bevölkerung davon überzeugt, dass sich die Politik bisher zu wenig um das Thema Gesundheit kümmert. 79 Prozent der Ärzte fordern in der Gesundheitspolitik mehr Engagement – die überwältigende Mehrheit von über 90 Prozent rechnet aber mit keinen grundlegenden Veränderungen und Reformen.
In der Bevölkerung treffen die konkreten Maßnahmen aus dem Koalitionsvertag allerdings auf Zustimmung. 86 Prozent begrüßen es, dass Patienten zukünftig grundsätzlich das Recht haben sollen, vor Operationen auf Kosten ihrer Krankenkasse die Einschätzung eines zweiten Fach- oder Krankenhausarztes einzuholen. Unter den Ärzten halten dies sogar 90 Prozent für richtig.
Eventuell erforderliche Zusatzbeiträge von den Versicherten nicht mehr pauschal zu erheben, sondern einkommensabhängig, befürworten zwei Drittel der Bevölkerung. Auch Gutverdiener, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von 3.000 Euro und mehr verfügen, stimmen mehrheitlich hier zu (65 Prozent).
Die Einrichtung einer zentralen Terminvergabestelle, die innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem geeigneten Facharzt bzw. zur ambulanten Behandlung in einem Krankenhaus vermittelt, unterstützen 45 Prozent der Bevölkerung – allerdings sind 33 Prozent ausdrücklich gegen eine solche strukturelle Veränderung. Ganz eindeutig Stellung dagegen beziehen die niedergelassenen Ärzte (83 Prozent); auch unter den Krankenhausärzten überwiegt mit 58 Prozent bei weitem die Ablehnung, 37 Prozent würden dies aber auch begrüßen. Allerdings sehen lediglich 15 Prozent der Krankenhausärzte die Möglichkeit, in größerem Umfang zusätzliche Termine für ambulante Untersuchungen zu vergeben.
Im Kontext der Maßnahmen im Koalitionsvertrag wird noch ein weiterer Vorschlag öffentlich diskutiert, bei dem die Ärzte geteilter Meinung sind: So sind 45 Prozent dafür, dass Facharztbesuche nur noch mit Überweisung eines Hausarztes möglich sein sollen und andernfalls die Kosten zunächst vom Patienten selbst zu tragen wären, bis er sie bei der Kasse eingereicht hat. Die andere Hälfte der Ärzteschaft (50 Prozent) lehnt diesen Vorschlag hingegen ab. Die Ansichten zwischen Hausärzten und Fachärzten sind dabei naturgemäß vollkommen gegensätzlich.
Zur Sicherung der Versorgungsqualität an den Krankenhäusern hat die Regierung noch weitere Maßnahmen im Koalitionsvertrag beschlossen: Am ehesten befürworten die Ärzte davon die Durchführung unangemeldeter Kontrollen durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (48 Prozent) sowie eine Bewertung der Krankenhäuser nach ihrer Qualität mit entsprechender Berücksichtigung bei der Honorierung (47 Prozent). Wenig Zustimmung findet die Gründung eines unabhängigen Qualitätsinstituts, das Daten über einzelne Krankenhäuser sammelt und diese in Form von Vergleichslisten auch veröffentlicht (36 Prozent). Gezielte Qualitätsverträge zwischen den Krankenkassen und einzelnen Krankenhäusern befürwortet nur rund jeder fünfte Arzt. Die Krankenhausärzte sind gegenüber den einzelnen Maßnahmen zum Teil wesentlich aufgeschlossener: Beispielsweise sprechen sich 53 Prozent der Krankenhausärzte und sogar 61 Prozent der Chef- und Oberärzte dafür aus, die Krankenhäuser nach ihrer Qualität zu bewerten und auch zu honorieren. Bei den niedergelassenen Ärzten sind es lediglich 39 Prozent.
Der Bevölkerung fällt es nach eigener Auskunft schwer, die Qualität der Krankenhäuser vor Ort bzw. in der Region einzuschätzen. 53 Prozent sehen sich dazu eher nicht in der Lage; lediglich 23 Prozent trauen sich dies zu. „In die Debatte um die künftige Qualität im Gesundheitswesen ist zwar nicht zuletzt durch den Koalitionsvertrag etwas Bewegung gekommen. Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass Bevölkerung und Ärzte in der angebrochenen Legislaturperiode noch deutlich mehr von der Regierung erwarten“, sagt Dr. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender von MLP.
Lediglich 10 Prozent der Bürger wollen im Heim gepflegt werden. Stattdessen wünschen sich 54 Prozent der Bevölkerung und 63 Prozent der 60-Jährigen und Älteren, mit Hilfe eines mobilen Pflegedienstes in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Für die überwältigende Bevölkerungsmehrheit von 86 Prozent steht fest, dass in den kommenden 10 Jahren immer mehr ältere Menschen Pflege benötigen. Zwei Drittel der Bevölkerung rechnen daher damit, dass die Sicherstellung der Pflegeversorgung immer schwieriger wird. Überdurchschnittlich besorgt ist die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern (79 Prozent), aber auch in Schleswig-Holstein, Hamburg und Rheinland-Pfalz (jeweils 73 Prozent). Zugleich liegt das Vertrauen in die neue Regierung, durch geeignete Maßnahmen längerfristig die Vorsorge für alle Pflegebedürftigen sicherzustellen, in der Bevölkerung bei nur 10 Prozent. Stattdessen sorgen sich viele, im Pflegefall finanziell nicht ausreichend abgesichert zu sein (45 Prozent) – nur 38 Prozent sehen das gegenteilig. Sowohl die tatsächlichen Pflegekosten als auch die Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung werden von der Bevölkerung recht treffend eingeschätzt. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund begrüßen 73 Prozent den Beschluss der Koalition, im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung künftig die Pflege von Demenzkranken stärker zu unterstützen – selbst wenn dafür die Beiträge zur Pflegeversicherung signifikant steigen. Die bestehende staatliche Förderung von Zusatzversicherungen für den Pflegefall („Pflege-Bahr“) wird von der Bevölkerung mit einer großen Mehrheit von 60 Prozent begrüßt (2012: 47 Prozent). „Die Bevölkerung ist sich des zunehmenden Pflegerisikos bewusst und ist auch bereit, für einen Teil der Absicherung selbst vorzusorgen. Die Politik ist hier erste richtige Schritte gegangen, weitere Anreize für Eigenvorsorge sind aber notwendig“, sagt Uwe Schroeder-Wildberg.
Ausgewählte Kernfragen des Reports wurden auch nach Bundesländern erhoben. Entsprechende Schaubilder, eine Bestellmöglichkeit des Reports, O-Töne für die Radioberichterstattung sowie weiterführende Materialien findet sich unter
www.mlp-gesundheitsreport.de
Für die repräsentative Umfrage wurden rund 2.100 Bundesbürger und mehr als 500 Ärzte befragt.